
URL: http://www.javajim.de/theorietank/eculture/diskmag.html
In Zeiten von C64, Atari- und Schneider-Computer waren sie nicht wegzudenken,
die Intros der Softwarepiraten.
Was als Visitenkarte der Hacker begann, die Kultspiele wie Summer Games gecrackt
haben, hat sich seit Mitte der 80er Jahre zur
Kunstform einer elektronischen
Subkultur entwickelt, die heute in den Diskmags und der Demoscene weiterlebt.
Diskmags sind das Sprachrohr der Demoscene, kurz
auch einfach The Scene genannt. Gegenstand der Diskmags sind Intros
und Demos, wie man sie noch aus den guten alten Zeiten der C64-Games
kennt. In den jungen Tagen des Heimcomputers wurden kleine Intros
vor die eigentlichen Spiele gestellt, die die Softwarepiraten als Visitenkarte
hinterlassen haben, um ihr Können in Sachen Grafik- und Soundprogrammierung
zur Schau zu stellen.
von der Cracker-Szene zur legalen Kunst
Was im Dunstkreis illegaler Programmpiraterie begann, hat sich Mitte der 80er Jahre zu einer legalen und faszinierenden Kunstform entwickelt. Denn eine kleine Schar programmierbegeisterter Computerfreaks erhoben das Kreieren von Intros und Demos als neue Disziplin in der noch nicht wirklich vernetzten Computerwelt. Wer die sehr bescheidenen Möglichkeiten seines ATARI, C64 oder AMIGA am beeindruckendsten ausreizen konnte, erntete den Respekt der anderen Programmierer. Zu einem Intro gehörten anfangs eine schöne Pixelgrafik und selbstkomponierte Elektro-Sounds. Schnell kamen natürlich auch Animationen und erste 3D-Effekte hinzu.
Vorreiter der Elektrokultur
Damals wie heute ist die Demoscene eine Subkultur im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie fristet unter der kommerziellen Oberfläche des WWW ihr Dasein. Ihr fehlt es an Außenwirkung und nur durch Zufall stößt der Nicht-Scener auf diese spannende Welt aus Bits und Bytes. Dabei könnte man die Diskmag- und Demoscene problemlos als Vorreiter und Vorbote einer publizistischen Elektro-Kultur verstehen. Denn schon bevor es das Internet in seiner heutigen Form gab, tauschten sich die Scener über die ersten Mailboxsysteme aus.
vom Disk-Tausch zum Diskmag
Genau genommen kann man die Anfangsphase noch gar nicht als Szene bezeichnen, höchstens als vorbewusste Kommunikationen einer sich erst durch den Austausch entwickelnden Subkultur. Man schickte sich gegenseitig Disketten mit den neuesten Demos und kleinen Textfiles zu, in denen die Programmierer miteinander fachsimpelten: Die ersten elektronischen Newsletter waren geboren, die nach und nach zu grafisch aufbereiteten Magazinen ausgebaut wurden, den Diskmags.
mit Mailbox zur Subkultur
Die Mailboxsysteme als Vorboten der globalen Vernetzung stellte der Diskmag-Szene endlich einen Verbreitungskanal zur Verfügung, um sich als eine der ersten elektronischen Subkulturen weltweit auszutauschen.
Demoscene mit Idealismus
Ihren Selbsterhaltungstrieb bezieht the Scene aus dem Idealismus ihrer Mitglieder, die aus reinem Spaß an der Sache und natürlich dem Ansehen bei den anderen Demogroups wegen, immer raffiniertere und aufwendigere Effekte zu programmieren. Im Laufe der Jahre hat sich die Demoscene natürlich auch außerhalb des Mediums organisiert. Auf Conventions werden Wettbewerbe ausgetragen, bei denen die Demogroups ihre neuesten Kreationen vorstellen.
Diskmags diskettenlos worldwide
Die Berichterstattung über diese Conventions sind nur ein Teil der Themen, mit denen sich die Diskmags beschäftigen. Das bekannteste ursprünglich deutschsprachige Diskmag ist HUGI, das heute fast ausschließlich in englischer Sprache verfasst ist und in der internationalen Szene ein sehr hohes Renommee genießt. Während die Diskmags früher auf eine Diskette passen mussten, ist durch das Web und neue Datenträger eine Limitierung auf 1,44 MB nicht mehr nötig.
Grafikkultur mit Sound
Das Themenspektrum der Diskmags ist aber nicht auf reine Berichterstattung über die Demoscene beschränkt. Neben Interviews mit Scenern, Bewertungen der neuesten Demos finden sich auch Themen wieder, die sich mit Netzkultur im allgemeinen beschäftigen. Diskmags wie Hugi warten mit einer ansprechend gestalteten grafischen Oberfläche auf, die mit wechselnden, selbst komponierten Elektrosounds hinterlegt sind, die teilweise an Trance, Intelligent und Drum & Bass erinnern.
das Web als Sammelstelle
Auf einer Vielzahl von Websites können Diskmags und Demos heruntergeladen werden. Dabei fungieren die Webauftritte aber lediglich als Sammelstelle und Knotenpunkte für die Archivierung und Verbreitung. Ein Blick in diese moderne Unterwelt lohnt sich und gibt Aufschluss über die Ursprünge der Netzkultur und eines sich allmählich bewusst werdenden globalen Gehirns.
(Steffen Büffel)
Info Diskmag:
Diskmag = Diskette + Magazin. Die elektronischen Magazine wurden in der Anfangszeit über Disketten verbreitet und sind heute als e-Zines im Web abrufbar. Themen: Alles rund um die Demoscene.
Info Demoscene:
Subkultur von jungen Computerfreaks, die 3D-Effekte und Sounds programmieren und als Montage zu einem Intro oder Demo zusammensetzen.
Links zur Thema:
-- http://www.demoscene.org
-- http://www.hugi.de
-- Archiv mit Demos: http://www.calodox.org/demoo/
Zuletzt aktualisiert am: 17.09.2000 © JavaJim 2000